Eine Wahnsinnsvorstellung!
Wahnsinn: Der Sinn nach dem Wahn erübrigt sich und allemal seine Vorstellung, denn das globale Geschehen mit dem Begriff Wahnvorstellung zu bedecken, würde sich als Lüge entpuppen. Imaginieren brauchen wir die irrsinnige Welt nicht mehr, sie ist Realität geworden. Vielleicht haben wir uns zu oft Wahnvorstellungen gemacht?
Das wortwörtlich Ver-rückte ist schwer überseh- und hörbar geworden. „Was wir brauchen, sind ein paar verrückte Leute; seht euch an, wohin uns die Normalen gebracht haben“, sagt George Bernard Shaw.
Die Perversion, das Verdrehte, Verquere vom „Normalen“ – von jedem Blickwinkel im virtuellen oder dreidimensionalen Raum lauert die Idiotie mit ihren vielen Fratzen. Der niederländische Maler Pieter Bruegel hätte seine Freude daran, das Höllische aus dem Mittelalter auf die Neuzeit zu transferieren. Bis ins
20. Jahrhundert hinein wurde eine wahnsinnige Person als „geistig umnachtet“ bezeichnet. Um-nachtung ist passend, denn dunkel ist die Zeit geworden. Lichtblicke, erhellende Momente, leuchtende Augen, sprachliche Äußerungen mit Strahlkraft sind eine kostbare Seltenheit geworden. Früher wurden „Geistesgestörte“, „Nervenkranke“, „Gemütskranke“ aus der Gesellschaft wie mit Pestbeulen besehene Aussätzige ausgestoßen und in „Irrenhäuser“ außerhalb der Stadt gesperrt. Bloß nicht in Kontakt kommen mit den Pestbeulen der Seelenhäute! Kommt Ihnen das bekannt vor?
Evil versus Live
Das Dunkle, die gegenwärtige Umnachtung, Lebensvernichtung, Entmündigung und Krieg begegnen
uns überall im Alltag. Das englische Wort „evil“ bedeutet Teufel, von rechts nach links gelesen ergibt es
das Verb „live“, übersetzt „leben“. Das, was Lebendigsein verhindert, wäre demnach das, was den Tod
bringt: das Dunkle, Übermächtige, Bedrohliche, Angsteinflößende. Wo wird Lebendigkeit, Freude, Freiheit
und Menschenwürde gefördert? Zielt die gesamte Technologie nicht darauf ab, genau das zu verhindern?
Wer schafft Technik? Eine ketzerische Frage: Ist Technik eine reine Beschäftigungstherapie, die uns vom
Leben abhält?
Technik-Terror und Straßenschlachten
Wir sind täglich von morgens bis abends mit Gerätschaften beschäftigt. Vom Handy blicken wir zum
Bildschirm von Notebook, Computer, oder Tablet. Wir lesen und schreiben Chats, E-Mails, SMS, sprechen Sprachnachrichten, blicken in virtuelle Konferenzräume und wieder zurück aufs Handy. Was berühren
dabei unsere Hände? Bildschirme und Tastaturen. In Supermärkten werden Pfandflaschen von Maschinen entgegengenommen, an den Kassen schmeißen wir das Geld in Automaten und warten, bis das Wechselgeld ausgespuckt wird, während die Kassiererin gelangweilt überlegt, ob sie lieber Löcher in die Luft starrt, schnell einen Blick auf ihr Handydisplay wirft oder ihre Fingernägel neu lackieren sollte. Im Straßenverkehr begegnen wir Menschen auf E-Rollern, den Blick aufs Mobiltelefon gerichtet statt auf den Verkehr und im Auto Fahrenden, die mit sich selbst sprechen. Wir treffen auf Fahrradfahrende, die ihre Hände nutzen, um in der linken Hand einen Döner und in der rechten Hand ihr Mobiltelefon zu balancieren, oder ihr E-Bike durchs Getümmel steuern als befänden sie sich im Krieg mit den anderen Verkehrsteilnehmenden. Erfolgreiches Niedermetzeln von Fußgängerinnen und Fußgängern oder Hunden gibt Extrapunkte! Mütter und Väter stürmen mit ihren gefühlt drei Meter breiten „Kinderpanzern“ joggend durch das Schlachtfeld der Parkanlagen und Gehwege, mit Stöpseln im Ohr und Tunnelblick. Mensch mit Buggy hat eindeutig Vorfahrt, da führt kein Weg dran vorbei.
Ob sich eine Verletzungsgefahr anbahnt oder nicht – die Nachkommen haben Klimaschutzrecht, also agieren ihre Eltern als Gesetzesverteidigende mit der selbst erteilten Erlaubnis, jene niedermähen zu dürfen, die als potentielle Rivalen fürs Lebensrecht der neuen Generation in Frage kommen. Mit anderen Worten: alle!
Trostloser Lebensstil
Kriegsstimmung herrscht auch in der Mode: Als abgemagerte Teenies mit schwarzumrandeten Augen gleichen die Models eher Leichen als Sinnbildern für aufblühendes Leben. Die Mode wirbt mit schwarzer, grauer Kleidung. Selten sind farbenfrohe Textilien auf den Flaniermeilen deutscher Innenstädte zu sehen.
Auch die Inneneinrichtung von Supermärkten ist mehrheitlich in dunklen Farben gehalten, mit grau melierten oder schwarz getünchten Wänden und schwarzen Böden. Die Zimmerdecken sind meist mit aggressiver Neonbeleuchtung ausgestattet. Die hermetisch abgeriegelten Einkaufspassagen, die weder natürliches Licht noch Fenster für frische Luft zum Atmen zulassen, dienen als trostlose Abfertigungskästen, um wie blutgierige Vampire den Konsumenten ihr Geld aus den Taschen zu saugen, damit die Wirtschaft überleben kann.
Unsere Konsumtempel gleichen Laborkäfigen, die mit beißendem Licht Einblicke in die anonyme entfremdete Atmosphäre geschlossener Anstalten geben. Die Szenerie ätzt sich, grausamen Tierversuchen gleich, ins Bewusstsein des kritischen Beobachtenden.
Die Städte und Innenstädte, Markt- und Theaterplätze sind zubetoniert. Betonmeilen als Wege, geteerte Straßen, Betonklötze als graue Wohnkästen, Wohnsiedlungen als Ansammlungen von Betonmassen. Vorgärten bestehen aus Kieselsteinen, Beton oder Gitter. Grau in Grau. Graue Farben, graue Stimmung, gedrückte Gemüter, nebulöse Gedanken bis zombiehafte Körperhüllen mit leeren Köpfen, die entweder zu viel denken bis das Nervensystem durchknallt oder ein fremdgesteuertes Denkprogramm bedienen – entleert, verstimmt, depressiv.
Selbst im Dunkeln gibt es immer einen Funken Licht
Wenn das Blut als Lebenssaft aus den Adern gesogen wird, bleibt nur noch das Leblose. Kein Wunder, dass das häufigste Krankheitsbild weltweit die Depression ist. Jeder an Depressionen erkrankte Mensch weiß: Selbst im Dunkeln gibt es immer einen Funken Licht. In unserem Herzen werden ständig Lichtfunken „gezündet“. Im Licht ist das gesamte Farbspektrum enthalten: Die Welt wird bunt. Gleichzeitig kann der Blick durch die Linse, auf einen Punkt fokussiert, nichts sehen lassen. Licht ist stärker als das Dunkle. Das Dunkle hat nur so lange Macht, wie wir unsere Macht der Angst übergeben. Wenn wir dem Licht folgen wie die heiligen drei Könige dem Polarstern, wenn wir wie das Sternenmädchen unser Kleidchen vertrauensvoll dem Sternenregen hinhalten, können wir nur den Segen von Himmelslichtern in Form von Sternen geschenkt bekommen. Fakt ist, wir bestehen aus Sternenstaub. Der Lebensfunke übersteigt das Vergängliche und ist ewig. Die Sonne scheint immer über der Wolkendecke. Allein das Bewusstsein rückt das Scheinbild des lichtlosen Himmels unter den grauen Wolken wieder zurecht.
Die Vision halten und in der Unordnung die Ordnung erkennen
Pina Bausch, Hildegard von Bingen oder Mahatma Gandhi konnten bewusst ihre Vision, ihr Sichtfeld auf das Licht ausgerichtet im Hier und Jetzt halten und in der Unordnung die Ordnung erkennen. Sie brauchten weder Krieg noch die Haltung von „Lichtkriegern“, denn das Wissen um die physikalischen Gesetze entwaffnet den Schein und offenbart die einzige Wahrheit im Licht: die Liebe. Sie wussten, dass wir das Paradies nie verlassen haben. Der Begriff Paradies ist in unserem Denken sofort mit den Religionen verknüpft. Doch Paradies bedeutet nichts weiter, als die Vision halten zu können. Dafür braucht es kein äußeres Sehen. Die Augen, die sehen können und die Ohren, die hören können, wissen. Wir haben jeden Augenblick die Wahl, was wir sehen und hören wollen. Ohne Krieg oder kriegerische, kämpferische Mittel, vor allem ohne Gedanken der kodifizierten Kriegssprache. Die Zeit ist schon lange vorbei. Sie haben die Wahl. Ihre Vision zählt, denn es gibt nur eine, die uns alle vereint: die Liebe.
Geschrieben: 01. Oktober 2021
Veröffentlicht: 09. Juni 2023